Presse 2004

Höchster Kreisblatt vom 18.10.2004:
Der jüngste Kerbeborsch ist gerade  mal zwei Jahre alt

“Es war spät gestern Abend. Wir haben in der Kerbeschirn lange gefeiert. Aber für die Sulzbacher Kerbeborsch und Kerbemädcher ist es eine Ehrensache, dass wir am nächsten Morgen wieder pünktlich da sind, wenn der Gottesdienst beginnt.” Diese Worte sprach das Kerbemädchen Christine Weiß gestern im Gottesdienst in der evangelischen Kirche. Die Kerbeborsch und Kerbemädcher zeigten auch, dass dies nicht nur ein Lippenbekenntnis ist. Die jungen Leute waren genauso wie Bürgermeister Horst Schmittdiel und eine Gruppe des Akkordeon-Clubs an der Gestaltung der besinnlichen Stunde beteiligt, die von der Prädikantin Christel Deckert geleitet wurde. Christel Deckert predigte im Sulzbacher Dialekt und gedachte dabei dem Kirchweihfest. Sie kam zu dem Schluss: „Die Kerch iss ja riet nur fer ernste Anläss da.” Die erneute Einbindung der Kerb in den Gottesdienst zeigt, dass die auf Initiative des früheren Bürgermeisters Herbert Uhrig 1996 erfolgte Wiederbelebung des Traditionsfestes zu einem generationenübergreifenden Ereignis für ganz Sulzbach geworden ist. 37 Kerbeborsch und Kerbemädcher gibt es in diesem Jahr. Drei neue sind hinzugekommen. Und der jüngste der elf von Julia Töplitzer, Denise Mappes und Annika Schell betreuten Mini-Kerbeborsch, Jason Doldo, ist gerade mal zwei Jahre alt. Alle waren sie beim Umzug mit dabei, der von der Feuerwehr, der Rasselbande und den Purzeln der TSG-Fassenachter und dem Musikzug des Frankfurter Gardekorps Tanzsportclub Grün/Gelb Frankfurt begleitet wurde. 24 Meter misst der Kerbebaum, der erst durch den Ort gefahren und dann in einer Gemeinschaftsleistung von Feuerwehr und der Kerbeborsch-Truppe aufgestellt wurde. Sein Kranz ist in diesem Jahr erstmals beleuchtet. Am Samstag gab es in der Kerbeschirn im „Alten Schulhaus” Party pur mit der Tanzkapelle Telstar. Es war ein rauschendes Fest besonders für die Jugendlichen. Die ältere Generation kam am Sonntag beim Frühschoppen mit den Wölfersheimer Musikanten zu ihrem Recht. Dazwischen lag für die meisten eine kurze Nacht und der erbauliche Gottesdienst. Beim Frühschoppen wurden nach dem traditionellen Gickelschlag zahlreiche Preise verlost, bei der Silvia Witzich den Kerbehammel gewann. Bis Sonntag, 24. Oktober, wird die Kerb noch gefeiert. Dann findet um 18 Uhr am Dalles die “Beerdigung” der Kerb mit dem Verbrennen des Schlackes statt. Der Schlackes ist die Strohpuppe, die jetzt hoch oben über dem Rummelplatz als symbolischer Wächter thront.


Höchster Kreisblatt vom 26.10.2004: Abschied von der Kerb:
Erst wird geflennt, dann zünftig gefeiert

“Hannes, Hannes armer Mann – e Fackel her, Robert steck ihn an”, rief “Kerbepfarrer” Erich Grötsch mitten auf dem Dalles vor vielen hundert Zuschauern bei der traditionellen Beerdigung der Kerb. Feuerwehrmann Robert Hofmann folgte der Anordnung, nahm die Fackel und zündete die Strohpuppe, die während der Kerbewoche hoch oben auf dem Kerbebaum gethront hatte, an. Der Hannes brannte lichterloh, und Erich Grötsch gab schnell den nächsten Befehl an die Kerbeborsch und die Kerbemädcher: “Flenne!” Das ließ sich die junge Kerbegesellschaft nicht zwei Mal sagen und stimmte in ein inbrünstiges Heulen ein. Zuvor hatten die Kerbeborsch und Kerbemädcher, auf dem Akkordeon begleitet von Heinz Konrad, – wie von “Pfarrer” Erich Grötsch angekündigt – das Lied Nummer 222 aus dem Sulzbacher Kerbegesangbuch von 1837 mit dem Titel “Die Trauer ist nur im Suff zu ertragen” nach der Melodie von “Lilli Marlen” gesungen. Darin hieß es: “Am Platz an der Linde beim Wittich vor dem Tor, da thronte unser Hannes, man sah zu ihm empor. Auch heut bleiben wieder alle steh’n und woll’n den Hannes brennen sehn, den Hannes brennen sehn.” Begonnen hatte die Zeremonie mit dem Umzug, der vom Feuerwehrgerätehaus über den Oberliederbacher Weg und die Hauptstraße zum Dalles führte. Der Hannes wurde auf einer Bahre getragen. Die “Trauergemeinde” mit dem Kerbepfarrer folgte. Und am Dalles wartete eine riesige, Menschentraube – darunter viele Kinder – auf die Beerdigungszeremonie. Gestärkt von der Nachricht, dass auch im nächsten Jahr wieder die Kerb in Sulzbach gefeiert werden kann, zog die Kerbegesellschaft nach der Zeremonie in den Saal des “Alten Schulhauses”. Dort legten die trauernden Kerbeburschen und Kerbemädchen – angeleitet durch fröhliche Verse – Kappe, Halstuch und Schürzen ab, bevor eine fröhliche Finalparty mit dem Entertainer Michael Schall und dem Disjockey Mike Bader begann. Dabei wurde eine positive Bilanz der von herrlichem Herbstwetter begleiteten Kerbetage 2004 gezogen. Und die Kerbe-Experten, darunter auch der Schirmherr, Bürgermeister Horst Schmittdiel, hielten in ihrem Rückblick eine Tatsache fest, auf die sie sehr stolz sind: Sulzbach ist die einzige Gemeinde im weiten Umkreis, in der der Kerbebaum noch von einem Pferdefuhrwerk genauso wie vor einem Jahrhundert in den Ort gezogen wird. Dies erledigt Klaus Wittich mit seinen beiden Haflingern. Und damit die Kerbetradition möglicherweise in Zukunft in der Familie bleibt, ist der Sohn von Klaus und Silvia Wittich, der drei Jahre alte Andre Johannes, auch schon bei den Mini-Kerbeborsch dabei. (wm)

Kategorie: News