Das Gerichtsurteil haben sie einfach ignoriert

Das Gerichtsurteil haben sie einfach ignoriert

Höchster Kreisblatt, 19.10.2012

Ryan soll später selbst entscheiden, welchen Kerbeborsche er sich anschließt

Julia Hecker, geborene Töplitzer, aus Sulzbach und Ron Hecker aus Liederbach haben sich bei der Kerb kennen und lieben gelernt unter dem Motto „Kerbeborsch trifft Kerbemädche“. Am Wochenende wird der gerade mal elf Monate alte Sohn Ryan in Sulzbach der jüngste Mini-Kerbeborsch sein.

Dass Ryan in Sulzbach Kerbeborsch sein wird, kam durch ein Gerichtsurteil zustande. Das Landes-Kerbeobergericht in Wiesbaden – so etwas existiert im Gaudiprogramm der Kerbemacher – befasste sich zum Abschluss des Kirchweihfestes 2011 mit der brisanten Frage, für welche Kerbegemeinschaft der damals noch ungeborene Ryan – er kam am 7. November 2011 zur Welt – später einmal aktiv sein solle: Für Liederbach, wo der 29 Jahre alte Papa Ron Kerbeborsch war, oder in der Heimatgemeinde der 26 Jahre alten Mutter Julia?


Kerbefamilie par excellence: Julia und Ron Hecker mit Sohn Ryan. nie

Zunächst zweigleisig

Das Landesgericht, an das das Sulzbacher Kerbegericht den Fall verwiesen hatte, entschied für Sulzbach. Aber die Eltern widersetzten sich dieser Entscheidung. Ryan war Ende September bei der Liederbacher Kerb im Kinderwagen aktiv mit dabei. Der kleine Mann, der schon stehen kann, aber die ersten Schritte erst noch lernen muss, tanzt also schon als Baby auf zwei Hochzeiten.

Julia Hecker: „Wir fahren zunächst zweigleisig. Mit 16 oder 17 Jahren kann Ryan dann selbst entscheiden.“ Auf jeden Fall achten die Eltern darauf, dass der Sprössling in jedem Ort den richtigen Pulli der entsprechenden Korporation trägt.

Ryan ist der jüngste von 29 Mini-Kerbeborsche im Alter von elf Monaten bis 14 Jahren, die in Sulzbach liebevoll betreut und in das Programm eingebunden werden. So wird zum Kerbeauftakt am Samstag, 20. Oktober, in der Kerbeschirn im Bürgerhaus am Platz an der Linde um 16 Uhr die Kinderkerb mit vielen Überraschungen gefeiert. Auf dem Programm stehen Tanz und Spiele.

Auch tags drauf beim Frühschoppen präsentiert sich der Nachwuchs mit Darbietungen. Da wird auch Ryan dabei sein und ein bisschen mitkrabbeln. Für höhere Weihen, sprich Auftritte, wird er erst in Frage kommen, wenn er ein paar Jahre älter ist.

Die Begeisterung für die Kerb wollen die Eltern dem Knirps jedenfalls früh einimpfen. Schließlich wären sie ohne die „Institution „Kerb“ wahrscheinlich niemals ein Paar geworden. Aber als sie sich im September 2004 beim Kerbeumzug in Liederbach trafen, hatte es gleich gefunkt. „Es ging schnell“, erinnert sich Julia, die im Kindergarten „Waldnest“ in Sulzbach als Erzieherin arbeitet. „Schon am 4. Oktober waren wir fest zusammen.“ Heute wohnt das Paar in der Sulzbacher Billtalstraße.

Julia Hecker ist mittlerweile Alt-Kerbemädche. Vor neun Jahren folgte sie ihrer Freundin Sabrina Peichl zur Gruppe der Kerbeborsche und -mädcher. „Ich fand die Gemeinschaft in dieser Truppe toll. Ich kannte wenige und habe schnell viele Freunde gefunden.“ Dass da manchmal auch ein etwas rauerer Ton herrschte und aus voller Kehle die traditionellen Sprüche ins Land geschrien wurden, hat Julia nie gestört: „Wir Mädchen können, was die Lautstärke betrifft, gut mithalten.“

Kindergärtnerin Julia und Kfz-Meister Ron, der aus Suhl in Thüringen stammt, frönen gemeinsam noch einem weiteren Hobby – der Fassenacht. Julia tanzt seit vielen Jahren im TSG-Ballett und ist gemeinsam mit Yvonne Pleyer Trainerin des Männerballetts, in dem Ron mitwirkt. Auch auf diesem Gebiet könnte der kleine Ryan Karriere machen, denn bei den Proben ist er immer dabei. (mir)

Kategorie: News