Knallharte Richter beim Kerbegericht

Knallharte Richter beim Kerbegericht

Höchster Kreisblatt, 28.10.2014

Spätestens dann, wenn das strenge Kerbegericht tagt, vergeht dem einen oder anderen der Spaß am Kirchweihfest. Dieses Mal kam sogar die „Kerbemudder“ Silvia Wittich nicht ungeschoren davon.

Für Silvia Wittich ist die Kerb neben der Fassenacht das wichtigste Ereignis im Laufe eines Jahres. Deshalb war es für sie schlimm, dass sie beim traditionellen Gickelschlag am ersten Wochenende des Festes, bei dem mit verbundenen Augen ein Tontopf getroffen und zerschlagen werden muss, den Dreschflegel bei einem zu wuchtig angesetzten Schlag zerstörte. Staatsanwalt Sebastian Fay kannte kein Pardon: Anklage wegen Sachbeschädigung und Sabotage einer Kerbeveranstaltung. Erschwerend kam hinzu, dass Silvias Mann Klaus Wittich vor einigen Jahren das gleiche Missgeschick passiert ist. Mitangeklagt war Moderator Torben Koch, der Silvia Wittich einen vierten und fünften Schlag zugestanden hatte, nachdem sie bei den drei ersten nicht getroffen hatte.

„Der wollte doch der „Kerbemudder“ nur die große Blamage ersparen“, argumentierte Verteidiger Stefan Uhrig. Richter Marc Rittmeyer folgte dem Einwand und sprach Torben Koch frei. Silvia Wittich dagegen muss jetzt ein Jahr lang mit einem sogenannten Sicherheits-Übungsdreschflegel jeden Tag für den Gickelschlag trainieren und im Gerichtssaal, zu dem die Kerbeschirn im Bürgerhaus am Platz an der Linde, umgewandelt worden war, damit beginnen.

Zudem musste sie am Dienstagmorgen beim „Fällen“ des Kerbebaums dabei sein. Staatsanwalt Fay: „Eine Höchststrafe für jemand, der die Kerb so liebt wie die Silvia.“ Auch ein aus Bad Soden kommender Strafantrag wurde behandelt. Die Karnevalsprinzessin der Kampagne 2013/214, die 66. Sodenia Fabienne I., beschwerte sich, dass die Sulzbacher Kerweborsche das Lied gesungen haben „In Sode wird uns nix gebote“, obwohl die Bad Sodener Feuerwehr vor einem Jahr den Kerbehannes an dem beim Aufstellen gekippten Baum befestigt hätte. Sie verlangte, dass als Wiedergutmachung die Sulzbacher Kerweborsche im nächsten Jahr den Sodener Kerbehannes aus Stroh stopfen sollen. Für die Kerweborsche gab es aber einen Freispruch erster Klasse, denn Verteidiger Uhrig stellte fest: „In der Kernstadt Soden gibt es keine Kerb. Welcher Hannes soll gestopft werden?“

Auch die Gemeindeverwaltung blieb vom Kerbegericht nicht verschont. Sie wurde dazu verurteilt, an der Dalleskreuzung eine fünfte Fußgängerampel zu montieren, damit die Kerwebrosche beim Weg von der Kerbeschirn am Platz an der Linde zu „Walters Pilsstube“ in der Hauptstraße 27 eine direkte Linie zwischen zwei Ampeln zur Verfügung haben, die auch durch zu viel Alkoholgenuss erzeugte Schwankungen berücksichtigt und die ausschließlich während der Kerb geschaltet ist. Das neue Exemplar, das unverzüglich montiert werden musste, stellte Verteidiger Stefan Uhrig im Gerichtssaal vor.

Das Publikum in der voll besetzten Kerbeschirn hatte viel zu Lachen bei der Verhandlungsparodie des Kerbegerichts. Zuvor waren einige Hundert Besucher dabei, als nach dem Umzug am Dalles nach alter Tradition der Kerbehannes zu Grabe getragen und verbrannt wurde. Als „Pfarrer“ überzeugte dabei Christian Noll bei seiner Premiere als Nachfolger von Sven Ewald.

(mir)

Kategorie: News